Der Startschuss für „die 5. Transportalternative zu Straße, Schiene, Wasser und Luft“, wie die CargoCap GmbH es nennt, fiel 1998. Damals genehmigte das nordrhein-westfälische Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung unter der seinerzeit zuständigen Ministerin Hannelore Kraft (heute SPD-Chefin in NRW) umgerechnet 1,8 Millionen Euro Fördergelder für das vom Bochumer Ingenieur und Professor Dietrich Stein (Ruhr-Uni Bochum, Fakultät für Bauingenieurwesen) erdachte unterirdische Frachttransportsystem CargoCap.
Längst ist aus dem Konzept, das wie eine Hybris aus Rohrpost- und Lorensystem in modernem Design anmutet, ein realisierbares Transportsystem geworden, an dem interdisziplinär gearbeitet wurde und wird. Jahrelang haben die Ingenieure um Dietrich Stein das System auf einer dafür gebauten 500 mal 250 Meter großen Teststrecke im Maßstab 1:2, auf der etwa drei Kilometer Röhre verlegt wurden, auf Funktionalität, Fahrdynamik und Energiebilanz erprobt. Inzwischen haben die findigen Tüftler auch eine Marktpotentialanalyse vorgelegt und das vor allem für Ballungsräume und Metropolitanregionen interessante System auf Wirtschaftlichkeit und Rentabilität geprüft.
Bereits im April 2005 kam ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich das automatisierte CargoCap-System rechne. Für ihre nun angestrengten Analysen legten die Innovatoren einen Zeitrahmen von 20 Jahren zugrunde, in dem sich ihnen zufolge ein Marktanteil von 15 Prozent erreichen lasse. Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Transportmarktes, dessen Frachtaufkommen und dessen Frachtkostensätze sowie Investitions-, Personal- und Betriebskosten errechneten die Wissenschaftler eine Eigenkapitalrendite von zehn Prozent. Das ist ein Mehrfaches von dem, was sichere Kapitalanlagen bei Kreditinstituten hergeben. Das beruhigt. Denn das mittlerweile mit in der Kapsel sitzende nordrhein-westfälische Ministerium für Bauen und Verkehr unter Minister Lutz Lienenkämper, aber auch potentielle Investoren aus Industrie, Handel, Transport- und Bauwesen wollten wissen, ob das CargoCap-System sich auf der vorgesehenen – zirka 55 Kilometer langen – Strecke zwischen Duisburg und Dortmund bei geplanten 24 Be- und Entladestationen wirtschaftlich betreiben ließe.
Die auf Rad-Schiene-Technik konzipierten Transportkapseln, angetrieben mittels Drehstrommotoren, können mit einer Geschwindigkeit von 10 m/sek. (36 km/h) 24 Stunden am Tag im Abstand von zwei Metern fahren und nach gegenwärtiger Planung jeweils zwei Europaletten (Bx TxH = 800×1.200×1.050 mm) befördern. Das gesamte System ist für Gütertransporte bis 150 Kilometer ausgelegt, womit die meisten Metropolitan- und Bandstadtregionen der Welt auskämen. Das System ist zudem geeignet, nicht nur das Gütertransportwesen in völlig neue Dimensionen vorstoßen zu lassen, sondern gleichwohl einen Paradigmenwechsel in städtischer und verkehrlicher Infrastruktur einzuleiten. Natürlich würde es zunächst den LKW nicht ersetzen, weshalb der Forschungsverbund der CargoCap von einem „ergänzenden Frachttransportsystem“ spricht. Andererseits lässt es Raum für Weiterentwicklungen, deren Ergebnisse offen sind.
Sofern nicht wieder ähnliche formale und politische Schwierigkeiten zur Realisierung des Systems auftreten und es zunichte machen wie dies beim Transrapid der Fall war, gegen den vor allem die Deutsche Bahn erfolgreich gekämpft und damit deutsche Ingenieurleistungen in den Orkus der Technologiegeschichte verbannt hat, besteht mit CargoCap eine realistische Chance, gleich mehrfach volkswirtschaftliche Impulse und Inputs zu geben. Nach nunmehr knapp zwölf Jahren ist dennoch keine endgültige Entscheidung gefallen, sprich. Dabei hatte vor ziemlich genau sieben Jahren der Leiter des Instituts für Berg- und Energierecht an der Ruhr-Uni, Professor Martin Burgi, dem CargoCap-System lediglich „geringfügiges juristisches Konfliktpotential“ attestiert. Seiner Einschätzung nach seien keine „fachgesetzlichen Planfeststellungserfordernisse“ einzuhalten, sondern nur der „allgemeine bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Rahmen.“
Die volkswirtschaftliche und umweltpolitische Gesamtbetrachtung sollte Taktgeber bei diesem Transportsystem sein. Bereits im Jahr 2000 kosteten Staus auf deutschen Autobahnen die nationale Volkswirtschaft einer BMW-Studie zufolge umgerechnet etwa 100 Milliarden Euro. Im Jahr 2009 ist dies nicht anders. Häufig werden Staus durch Gütertransportfahrzeuge verursacht, beispielsweise im Winter, wenn sie die BAB 2 im Weserbergland oder die BAB 3 in der Aschaffenburger und Würzburger Gegend nicht hinaufkommen. Oder weil sie Verkehrsunfälle verursachen.

Gerade in den seit langem vom Kraftfahrzeugverkehr und nicht zuletzt automobilen Fracht- und Stückguttransport verstopften Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg, Rhein-Main, Stuttgart, München, Düsseldorf, Köln und dem Ruhrgebiet könnte das CargoCap-System entlastend wirken und der dortigen Wohnbevölkerung ein Mehr an Lebensqualität liefern, nähmen doch Lärmbelästigung und Umweltverschmutzung ab. Ebenso reduzierte sich der auf Erdöl basierende Verbrauch an Kraftstoffen. Neue Arbeitsplätze in signifikanter Anzahl entstünden in nahezu allen Bereichen, sind doch Synergieeffekte durch die Rohrpostbahn vorprogrammiert. Die Unfallrate auf den Straßen ginge zurück. Damit gäbe es weniger Verkehrstote und weniger Verletzte, was wiederum dazu führte, dass Unfall-, Sterbe- und Krankenkassen entlastet würden. Fraglos büßte das herkömmliche Transportwesen Marktanteile ein und die LKW-Bauer verlören auch. Letztlich geht es um die volkswirtschaftliche Gesamtbilanz, um den Sachzwang Umweltschutz und um die Verbesserung der Lebensqualität.
Mit Innovationen wie CargoCap sie anbietet, eröffnen sich vernünftige Perspektiven, um manche (Verkehrs-)Probleme zu lösen und gesetzte (Klima-)Ziele erreichen zu helfen. Das haben andere Länder – Japan, Südkorea, die USA oder Holland durch die seit zehn Jahren außerordentlich anerkennde Berichterstattung in Fachmagazinen, Tageszeitungen – herauszuheben sei hier der Artikel von Carol Williams in der Los Angeles Times (17.12.2000; Link entnommen von CargoCap.de) -, Zeitschriften, Radio und Fernsehen erkannt. Nun wird es Zeit, dass das in Bochum erdachte und konzipierte System schleunigst realisiert wird, damit das CargoCap-System nicht den MP3- oder Transrapid-Tod stirbt: in Deutschland erfunden, vom Ausland marktreif realisiert. Notfalls müssen Land und Bund sich hierzu als Mitinvestoren auszeichnen und gegen das stringente Wettbewerbskonzept der EU verstoßen. Denn es geht um viel.

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