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LEHRBUCH | INGENIEURGEOLOGIE

Von der Pike auf

Angesichts der Diskussion um endliche fossile Ressourcen und des in Deutschland jüngst aufgekommenen, noch anhaltenden Streits um verlängerte Laufzeiten für bestehende Atomkraftwerke empfiehlt sich das bereits 2006 erschienene Lehrbuch Ingenieurgeologie von Dieter Genske nicht nur für die Fachwelt
Von IRIS FELDMANN |
Lesedauer ca. 3-4 Minuten |
28.07.2008

Der Begriff Ingenieurgeologie geht auf den in Esslingen geborenen Pfarrerssohn, Geologen und Geographen Christian Gottlob Ferdinand Ritter von Hochstetter (1829-1884) zurück, der ihn 1874 erstmals publikatorisch verwendete. Vier Jahre zuvor hatte John Davison Rockefeller die Standard Oil Company in den USA gegründet. Aus von Hochstetters Begriffsdefinition sollte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine eigene Disziplin entstehen, die alsdann derart signifikant für die moderne Zivilisation zeichnete, wie es in Replik kaum nachvollziehbar scheint. Ihr Einfluss auf die Moderne abseits der Kunst ist prägend.

Ohne sie wohnten wir kaum, wie wir wohnen, wüssten kaum, wie wir unsere Häuser und Wohnungen wärmen könnten und hätten auch kaum Einblicke in das Zusammenspiel von geologischen Gegebenheiten und daraus resultieren Einflüssen auf unser Verhältnis zur gelebten Gegenwart. Der Ingenieurgeologe verstehe sich „als Vermittler, der die Wissenslücken überbrückt, die zwischen den geologischen Fakten und der Planung des Ingenieurs klaffen“, so Genske in seinem Lehrbuch. Gleichwohl hält der Autor, der an der ETH (Eidgenössischen Technischen Hochschule) in Lausanne, Schweiz, lehrte und nun an der ETH Zürich Chef des Instituts für Umweltentscheidungen ist, die Ingenieurgeologie für „ein junges Fach“. Im Vergleich mit anderen Disziplinen, etwa der Geographie und Landeserkundung, mag dies zutreffen, doch ist Genskes Einschätzung nicht völlig frei von Understatement. Genske, gelernter Bauingenieur (Dipl.-Ing.) und Geologe (Dipl.-Ing.) scheint seine ganze bisherige Forschungs- und Berufserfahrung in das Lehrbuch einfließen lassen.

Neben Studien und Forschungen in Deutschland arbeitete und forschte er in den USA, in Japan, den Niederlanden und in der Schweiz. Er war zudem unter der DMT (Deutsche Montan Technologie, Essen) Projektmanager im Segment Wasser- und Bodenschutz und wirkte im Vorfeld und zu Beginn bei Großprojekten wie der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (IBA Emscherpark 1989-99) oder der Entwicklung des Berliner Spreebogens mit, bevor er 1994 an die Universität Delft ging (Niederlande). Sein vorliegendes Lehrbuch behandelt sämtliche Grundlagen der Ingenieurgeologie, versehen mit zahlreichen Abbildungen, Modellen und Formeln. Vor allem auch für Studenten, Planer und Fachbereichsleiter in der Politik interessant, wartet das Buch bzw. dessen Autor mit Anwendungsmodellen auf. Wer das Fach von der Pike auf lernen und studieren möchte, dürfte um dieses Werk kaum herumkommen.

Vorbildlich bringt Genske nämlich neben einem umfangreichen Literaturverzeichnis alles faktisch Wissensnotwendige in einem Anhang, dazu auch Übungen und dazugehörige Lösungen. Zuvor noch, in Kapitel 13, geht er auf den „gesellschaftlichen Anspruch“ des Fachs ein und weist auf den Ethik-Kodex der Europäischen Geologischen Föderation hin, die unter anderem von jedem Geologen verlange, „dass er verantwortungsbewusst und gewissenhaft“ handle.

Dieter D. Genske: Ingenieurgeologie – Grundlagen und Anwendung. Hardcover, broschiert, 588 S., 396 Abb.; ISBN: 978-3-540-25756-1; Springer, Heidelberg, 2008

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