Der Schauspieler Ulrich Matthes hatte vor einem guten halben Jahr in der 3sat-Kulturzeit befürchtet, Wolfram Weimer werde sich für „Einschnitte im Subventionssystem der Hochkultur“ starkmachen. Er bezeichnete ihn als „Ideologen“, der sich deshalb für das Amt „disqualifiziere“. Ähnliches wie Matthes warfen ungezählte weitere Akteure des aus Steuermitteln nahezu durchsubventionierten deutschen Kulturbetriebs Weimer vor, der zuvor klargemacht hatte, die Gießkanne zur Seite zu stellen und bisherige Subventionen auf ihr Sparpotential hin zu prüfen. Und er tat es. Gleichwohl legte er sich in den vergangenen Wochen mit Big Tech an, deren Geschäftsmodelle auf den kreativen Leistungen etlicher Millionen Autoren, Designern und Input-Lieferanten aller Art fußen, ohne dass sie den Kreativen – wenn überhaupt – angemessene Vergütungen bezahlen oder, schlimmer noch, sie um Erlaubnis der Nutzung ihrer Kreativleistungen bitten. In den USA sind hierzu mehrere Klagen von einzelnen Verlagen und Autoren sowie von Zusammenschlüssen aus beiden gegen große Akteure wie Google (Alphabet) und Microsoft rechtshängig.
Dass Weimer gerade in diesem Bereich Angriffsfläche bietet, weil seine Weimer Media Group, die inzwischen von seiner Gattin geführt wird, sich seit eines Berichts des Journalisten Alexander Wallasch mit der unautorisierten Veröffentlichung zahlreicher Texte prominenter Autoren und Persönlichkeiten sowie deren Autorenschaft konfrontiert sieht, erscheint wie ein Treppenwitz. Zum Lachen ist er nicht, denn sollte sich juristisch bestätigen, dass eklatante, gar gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, drohen empfindliche Strafen. Wörtlich heißt es in § 106 Abs 1 UrhR: „Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, bei gewerbsmäßigem Handeln bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe (§ 108 UrhR) bestraft.“ Bereits der Versuch ist strafbar (Abs 2). Gleiches gilt für das unzulässige Anbringen der Urheberbezeichnung (§ 107 UrhR).
Das sind Kaliber, die grundsätzlich für einen sofortigen Rücktritt ausreichen müssten, doch bislang bringt Weimer diese Größe nicht auf. Stattdessen versucht er die Verantwortung in dieser Angelegenheit von sich zu weisen und zu relativen. Zwar konzentriert er sich weiter auf die Staubsaugermethoden von Big Tech, dessen Bedarf an Text und visueller Kreativität ungebrochen scheint, doch darf dieses hehre Anliegen im Sinne der Kreativen nicht mit den ihm zur Last gelegten Vorwürfen aufgewogen werden. Mehrere Anzeigen liegen der Staatsanwaltschaft mittlerweile vor, darunter von der AfD-Co-Vorsitzenden Alice Weidel, bei der sich die Weimer Media Group für ihr Medium The European üppig bedient hatte. Dort sei man „im Löschrausch“, wie Wallasch gestern berichtete.
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