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Pilzbefall am Baum | Xiang Chen / GEOWIS
LINKE UND GRÜNE

Linke und Grüne – Provokationen versus Argumente

Weder die Linke noch die Grünen orientieren sich in Debatten an realitätsnahen Argumenten. Die überwiegend inhaltsleere Alternative lautet postpubertäre Provokation und Fundamentalökologie, angeführt von Frauen. Ein Überblick
Von THORSTEN RICHTER |
Lesedauer ca. 10 Minuten |
09.06.2025

Ganz gleich, wie man sie auch wendet, auf beiden Seiten der Medaille steht nichts Weiterführendes drauf. Auf der einen nur die Provokation, auf der anderen die Inhaltsleere mit irrationalem Anspruch. Oft verkörpert von den tonangebenden Parteifrauen, und manchem mitlaufenden Frauenversteher, von denen viele offenbar der Ansicht sind, es ginge allen besser, wenn der Sozialismus offiziell als politisch-gesellschaftliches System installiert, der sozialmarktwirtschaftliche Kapitalismus und das Reichsein abgeschafft und der Sozialstaat weiter ausgebaut worden sind. Die Grenzen bleiben dabei selbstredend offen. Ihr Klassenzugehörigkeitsverständnis definiert sich über gendergerechte Sprache, ihr Anspruch speist sich aus nichts Geringerem als präadultem Gerechtigkeitsgefühl mit radikalem Habitus.

Die Linke

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Heidi Reichinnek, eine dieser postpartalen Vertreterinnen des Geistes der einstigen Sozialistischen Einheitspartei (SED) der ehemaligen DDR, kann sich jedenfalls gut vorstellen, das herrschende „System“ abzuschaffen oder wie es früher hieß, den Kapitalismus zu überwinden (Marx). Dass sich Deutschland seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon vor 18 Jahren in einem immer weiter voranschreitenden eurozentristischen Sozialismusmodell befindet, in dem Berlin und Paris um die Hoheit konkurrieren, aber die EU-Kommission das Sagen zu haben vorgibt und alle einzunorden versucht, die sich dem unübersichtlichen aber machtvollen Politkonstrukt widersetzen, verortet sie als rechts. Das ist bezeichnend für eine Frau, die beim Fall der Mauer fast noch in den Windeln lag, wofür sie natürlich nichts kann. Zeit genug war seitdem aber, um zu erkennen, dass Marx ein virtuoser Aufbereiter Hegel’scher Theorien und Philosophie war, die er mit Dogmen anreicherte. 

Algenplage am Hengsteyer See, Dortmund-Syburg | Xiang Chen / GEOWIS

Ein ökonomischer, gar marktwirtschaftlicher Ansatz, der ihren begehrten Systemumbau nachhaltig finanzieren könnte, ist weder bei Reichinnek noch bei der Linken erkennbar. Vermögenssteuern sollen es richten, überhaupt sind Steuererhöhungen bei ihr und ihrer Partei ebenso beliebt wie eine Erhöhung von Sozialausgaben. Die Aushöhlung des Sozialstaats schreibt sie den Reichen im Lande zu, wodurch sie die „Demokratie gefährdet“ sehe. „Wer das verhindern will, der darf den Kapitalismus nicht stützen, er muss ihn stürzen. Er muss sich dagegenstemmen und die Systemfrage stellen, ganz klar“, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung.¹ Die Reichen im Land könnte man zudem enteignen. Man kann sie aber nur einmal enteignen. Gehören die Reichen dann zu den Bedürftigen, bleibt zur Finanzierung der Illusion des perfekten Staates nur noch Betteln wie einst der neben der Spur fahrende DDR-Staatsratschef Erich Honecker es 1987 bei CSU-Chef Franz-Josef Strauß erfolgreich unternommen und eine Milliarde D-Mark sowie einen Blumenstrauß erhalten hatte. Argumente oder nachvollziehbare Erläuterungen fehlen. Doch im Konjunktiv ist alles möglich. Selbst „unsere“ Demokratie, „Zivilgesellschaft“ oder ein „Sozialismus mit demokratischem Antlitz“.

Ins gleiche Horn bläst die in der Hamburger Antifa sozialisierte Linke-Parteichefin Ines Schwerdtner. Sie hält an Marx fest und ist der Meinung, die Linke solle „keine Angst vor Kaderbildung“ und vor einer Rückkehr zu „Parteischulen wie bei der SED“ haben, gab sie nach dem Wahlergebnis (8,8%) zu Protokoll. Offenbar noch im Delirium aufgrund der Überschreitung der Fünfprozenthürde plädiert sie dafür, den Neumitgliedern „das ABC des Marxismus“ beizubringen.² Das ist im Prinzip eine gute Idee, denn von Marxens Kernthesen und Theorien Kenntnis zu haben, könnte heilsam wirken. Zu befürchten ist allerdings Indoktrination. 

Elf Linke und ein Frauenversteher | Screenshot Yt

Übel stößt auch die propalästinensische Parteinahme der Linken im Nahostkonflikt auf, nicht selten versehen mit abstrusen antisemitischen Anklängen. Nicht minder ruft die Toleranzschwelle gegenüber dazu und generell Andersdenkenden Kopfschütteln hervor. Dass diese traditionell niedrig liegt, ist ideologisch bedingt. Doch mittlerweile ist sie derart in den Boden eingesunken, dass sie bald vom Wind zugeweht wird. Im Gegenzug wird Toleranz von den Andersdenken selbstverständlich erwartet. „Palestine“ lautete die Losung auf dem schmuddeligen Sweatshirt der Linke-Abgeordneten Cansin Köktürk, die deshalb von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner des Plenums verwiesen wurde und es mürrisch verließ. Offenbar ihrer Peer Group geschuldet, in der Mehrzahl Frauen vereint mit einigen Frauenverstehern, postete sie auf ihrem Instagram-Account heroisch: „Ja, Julia, du kannst mich aus dem Bundestag rauswerfen. Aber du wirst mich niemals zum Schweigen bringen.“ Darauf muss man erstmal kommen.³ Provokationen stehen bei der Linken hoch im Kurs und sind der Parteikarriere förderlich. So ist die als „Seenotretterin“ aufgetretene, zwar parteilose, aber sich auf Linie befindende Kapitänin Carola Rackete, die Italiens Regierungschefin eine „Postfaschstin“ schimpft, von der Linken mit einem Listenplatz zur Europawahl und einem daraus erfolgten lukrativen EU-Parlamentsmandat belohnt worden.⁴

Die Grünen

Heterogener geht es bei den Grünen zu. Auch dort fallen vielfach Frauen auf. Manche durch Inkompetenz, andere durch Infantilität, wieder andere durch Günstlingstum und Skurrilität. Einen spektakulären Anfang machte im Sommer 2021 die ehemalige rheinland-pfälzische Landesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, Anne Spiegel, die ihrer Verantwortung zum Ahr-Hochwasser nicht gerecht wurde, bei dem in Deutschland 188 Menschen starben und Eigentum in Milliardenhöhe betroffen war. Bis dahin war es für die einstige Sprecherin der Grünen Jugend immer nur nach oben gegangen. Ein halbes Jahr nach ihrem kläglichen Versagen in der Provinz wurde sie Bundesfamilienministerin im Kabinett Scholz, musste aber im April 2022 zurücktreten, nachdem die Ahrtalflut sie eingeholt hatte. Dann wurde es still um sie. Seit November 2024 bekleidet sie bei der vom Familienministerium mitgeförderten gemeinnützigen GmbH krisenchat eine Leitungsfunktion als Chief Operating Officer (COO),⁵ erscheint aber namentlich (noch) nicht auf deren Webseite. Ein eher seltener Karriereknick einer einstigen Spitzen-Grünen. 

Kahlschlag in Hattingen, 2024 | Xiang Chen / GEOWIS

Ähnlich verantwortungsunbewusst hat sich die Ex-Bundesumweltministerin Steffi Lemke im Kabinett Scholz verhalten. Sie musste sich vom Präsidenten des Verbandes Biogas in Bezug auf die Insolvenz des größten deutschen CO2-Vermarkters Landwärme „Untätigkeit“ vorhalten lassen. Weiter hatte er ihr attestiert, nichts gegen „Marktmanipulationen im Kraftstoffsektor“ und „gefälschte Zertifikate“ unternommen zu haben, obwohl ihr diese seit mindestens 2023 bekannt waren. „Betrug mit Palmöl“ sei ihr bereits seit 2022 gewahr. Gegen die Hinweise, auch aus China, bei der Unterstützung von ökologischen Projekten zur CO2-Einsparung im chinesischen Teil der Taklamatanwüste, die sich als großangelegtes Täuschungsmanöver erwiesen, hat sie auch nichts unternommen. Insgesamt ist ein geschätzter Schaden von mindestens 4,5 Milliarden Euro entstanden.⁶ Sie hielt bis zum Empfang ihrer Entlassungsurkunde im Mai 2025 durch. 

Bezifferbarer Schaden kann der Grünen Saskia Weishaupt zwar nicht vorgeworfen werden, dafür aber umso mehr Moral und wechselhafte Stringenz. Sie war 2021 über Platz elf der bayrischen Landesliste in den Bundestag gelangt und zwei Monate später mit einem Statement aufgefallen. Hatte sie während ihrer Zeit bei der Grünen Jugend noch lautstark gefordert, die Polizei müsse bei Demonstrationen auf den Einsatz von Hunden und Pfefferspray verzichten, hielt sie bei den abschätzig als Querdenker im Hinblick auf die Corona-Pandemie bezeichneten Demonstranten nun beides für erforderlich.⁷ Mittlerweile ist das Mitführen von Pfefferspray im Zuge der Messerverbotsverordnung in vielen Kommunen untersagt, beispielsweise in Düsseldorf, Dortmund, Essen, jenen NRW-Regionalmetropolen mit den meisten Messerangriffen. Welch eine krude Errungenschaft des rhetorisch verbrämten Feminismus!

Auch die mittlerweile zum Sorgenkind von Teilen der Partei abgestiegene Bundessprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, generiert bewusst Aufmerksamtkeit, die ihr inzwischen sogar gewiss ist. Was Köktürk kann, hatte sie kurz zuvor mit einem Pulli außerhalb des Bundestages, aber auf „dem Weg dorthin“ geschafft, wie sie unter einem Foto auf X postete. Ihn zierte die Aufschrift ACAB („All Cops Are Bastards“). Das kam selbst bei vielen ihrer Peers nicht gut an. Anders noch als ihre Forderung im Januar, Reiche sollten zu gemeinnützigen Tätigkeiten herangezogen werden.⁸

Wo Eisbären friedlich auf Pinguine treffen | KI-Bild: Michael Kneisch

Wie Claudia Roth, ehemals Kulturstaatsministerin, Katrin Göring-Eckart, eine der nun ausrangierten Bundestagsvizepräsidentinnen, oder die ab September wirkende Vorsitzende und vormalige Außenministerin Annalena Baerbock, die zurückgetretene Ex-Grünen-Mitvorsitzende Ricarda Lang – die Liste ließe sich fortführen – fielen und fallen grüne Frauen mehrfach durch Äußerungen oder Handlungen auf, die Einblicke in ihre Fähigkeiten und ihr Unvermögen gewähren. Manche treten im Bundestag trotz Anwesenheit gar nicht oder nur einmal in Erscheinung, wie Emilia Fester, die sich in der Ampel-Koalition immerhin knapp 900 Euro Altersentschädigung ersessen hat. Sie alle stehen exemplarisch für einen Niedergang an Intellektualität in der Politik.

Bei grünen Vordenkern wie der Ökosozialistin Jutta (von) Ditfurth war das noch etwas anders. Fundamental grünlinks bis in die Fußspitzen grenzte sie sich von einigen damaligen Ökofaschisten ab, so von Baldur Springmann oder Herbert Gruhl. Von anderen nicht. Etwa von dem Klimaforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker, der mit seinem Buch Erdpolitik 1989 in geradezu maoistischer Rhetorik Wasser auf die Mühlen der Radikalökologen goss. „Der Zustand der Erde verlangt gebieterisch globales Denken“, lautet eine These daraus.⁹ Nicht so gebieterisch nahm sich das Motto des 49. Deutschen Geographentags im Jahr 1993 mit seinem Leitspruch „Think global, act local“ aus, der nach der 2. UN-Umweltkonferenz, 1992 in Rio de Janeiro, und deren Leitmotiv einer nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) ersonnen wurde.¹⁰ Doch während auf dem Geographentag eher aktuell verfügbare Daten und daraus abzuleitende Empfehlungen diskutiert wurden, heißt es bei von Weizsäcker: „Wir müssen von übertriebenen und ‚hysterischen Forderungen („Jagd auf Nanogramme“) ablassen‘, die den Blick für Prioritäten verstellen und die notwendige breite Zustimmungsbasis für die drastischen Schritte verhindern, welche für die erdpolitische Wende unerläßlich sind.“ Weiter heißt es in scheinbar zeitloser Diktion „Wir treten, ob wir es wollen oder nicht, in ein Jahrhundert der Umwelt ein. In diesem wird jeder, der sich Realist nennen möchte, gezwungen, seine Handlungsweise als Beitrag zum Erhalt der Umwelt zu rechtfertigen“.¹¹ Das scheinen die Grünen verinnerlicht zu haben, blickt man auf ihr seitdem erfolgtes politisches Wirken, denn diese Situation ist inzwischen Realität. 

Biotop im Kurler Busch, Dortmund | Xiang Chen / GEOWIS

1991 trat von Ditfurth aus der Partei aus, nachdem das Rotationsprinzip abgeschafft worden war, wonach Grünenabgeordnete turnusmäßig meist zur Hälfte der Legislatur ihren Platz für andere Parteikader abzugeben hatten. Dank unseres Wahlsystems, das neuerdings Landeslisten bevorzugt, konnten sich seitdem Ökofundamentalisten mit antifaschistischem Anliegen und Antifa-Hintergrund mindestens eine Wahlperiode lang im Bundestag festsetzen, vernetzen, außerparlamentarische Vorfeldorganisationen und deren ökofaschistische Strategien unterstützen sowie sie mit Posten versorgen. Der grünen Anhänger- und Mitläuferschaft gefällt das, sieht sie doch genauso wie die Eleven der Linken, dass sich mit Halb- und Nichtwissen sowie inbrünstigem „Gegen rechts“ und irgendwas mit Klima Karriere machen lässt. Dass sie dazu beitragen, eine einst gesunde Volkswirtschaft wie ein Pilz einen Baum zu befallen, bis diese zusammenfällt, wird ihr entweder nicht bewusst oder ist ihr gleichgültig.

1 Neue Osnabrücker Zeitung v. 5.06.2025

2 Jacobin v. 28.02.2025

3 Welt Online v. 4.06.2025

4 Welt Online v. 7.06.2024

5 Mannheimer Morgen v. 31.10.2024

6 Tichys Einblick v. 16.08.2024

7 Kreiszeitung v. 25.12.2021

8 Berliner Zeitung v. 11.01.2025

9 Weizsäcker, Ernst Ulrich von: Erdpolitik. 2. Aufl., 1994: XI

10 Programmheft Deutscher Geographentag 4.-9. Oktober 1993, Ruhr-Universität Bochum; „Think globally – act locally“

11 Weizsäcker 1994: 11f.

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