Skip to content
Foto: Gu Lian
GEHEIMDIENST | Verfassungsschutz versus AfD

Linientreue

Das zurzeit kopflose Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als „gesichert rechtsextrem“ ein, ohne überzeugende Belege vorzulegen. Kein guter Tag für die Demokratie
Von BRITTA HEIN |
Lesedauer ca. 3-4 Minuten |
02.05.2025

Das Abschiedsgeschenk für die scheidende sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser kam gerade noch rechtzeitig. Der ehemalige Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, war im vergangenen Herbst von Bord gegangen, formal am 31. Dezember, um für die CDU im Wahlkreis Wuppertal I für ein Bundestagsmandat zu kandidieren. Mit 24,3% der Erststimmen unterlag der Verwaltungsjurist dem Kandidaten der SPD, Helge Lindh (33,6%), deutlich. Anders als sein Vorgänger Hans-Georg Maaßen, der Zweifel an sogenannten „Hetzjagden“ bei Ausschreitungen in Chemnitz äußerte, hatte Haldenwang während seines Wirkens als Chef des BfV seiner Regierung nicht widersprochen, sondern sie mit seinem Fokus auf rechtsextreme Bestrebungen in der AfD und pressewirksamen Verkündungen beglückte. Zwei Etappensiege gegen die Partei nach der Einstufung als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“, woraufhin die AfD erfolglos vor das VG Köln zog, dann vor dem OVG Münster unterlag und nun vor das Bundesverfassungsgericht zieht, gehen ebenfalls auf das Konto Haldenwangs.

Seine beiden Stellvertreter, der Verwaltungsjurist Sinan Selen, der als Terrorismusbekämpfer wirkte und nach einem Intermezzo beim Tourismusriesen TUI zurück ins BfV fand, sowie die Verwaltungsjuristin Silke Willems, die sich lange um Personalgewinnung und -entwicklung in der Kölner Behörde kümmerte, verkündeten nun die verschärfte Einstufung. Dabei stützen sie sich auf ein 1100 Seiten starkes, für den internen Dienstgebrauch vorgesehenes Gutachten, in das der Öffentlichkeit Einblick verwehrt wird, und monieren die Rechtsauffassung der AfD zu Artikel 116 GG. „Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes“, heißt es. Hierin einen Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO) zu sehen, bedarf viel Phantasie, zumal vor dem Hintergrund, dass das bis 1999 gültige Staatsangehörigkeitsgesetz vom Abstammungsprinzip geprägt war und erst durch die rotgrüne Regierung Schröder aushöhlend geändert wurde.

Für die nunmehr erfolgte Einstufung negieren die Geheimdienstler in der bundesdeutschen Wirklichkeit längst eingetretene Verhältnisse, indem sie Äußerungen von AfD-Politikern bemühen. Etwa eine des brandenburgischen AfD-Landtagsabgeordneten Dennis Hohloch: „Multikulti bedeute Traditionsverlust, Identitätsverlust, Verlust der Heimat, Mord Totschlag, Raub und Gruppenvergewaltigung“. Was eher unter Meinungsäußerung mit Zustandsbeschreibung rubriziert werden kann, wird zu einem Verstoß gegen die FDGO umgewidmet. Auch die Äußerung des AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck, „Wir müssen auch wieder entscheiden dürfen, wer überhaupt zu diesem Volk gehört und wer nicht. Es gehört mehr dazu, Deutscher zu sein, als einfach nur eine Staatsbürgerurkunde in der Hand zu haben“ wird herangezogen.

Nancy Faeser gab heute zu Protokoll, das BfV habe „einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und unsere Demokratie zu schützen.“ Doch der Vorstoß des BfV nährt den unter weiten Teilen der Bevölkerung schon bestehenden Verdacht, die Behörde schütze weniger die Verfassung, mehr hingegen die jeweilige linkslastige Regierung, und kümmere sich zu wenig um tatsächliche Gefahren, zumal sie den Linksextremismus und Islamismus offenbar weniger gewichte. Für die Demokratie ist es deshalb kein guter Tag, wenn eine im Bundestag vertretene Partei mit derart dünnen Argumenten ausmanövriert und ihre Anhängerschaft, immerhin Umfragen zufolge rund ein Viertel der Wahlbrechtigten, desavouiert werden soll.

Geowis Logo Klein

GEOWIS