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Liegengebliebener Abfall, Dortmund-Eving | Xiang Chen / GEOWIS
„STADTBILD-DEBATTE“

„Fünf-Punkte-Plan“ der Grünen

Zur „Stadtbild-Debatte“ legen die Grünen ein Papier vor, das aus unreflektierten Forderungen besteht
Von THORSTEN RICHTER |
Lesedauer ca. 5-6 Minuten |
04.11.2025

Es gab mal eine Zeit, in der die Grünen der Stadtentwicklung Impulse und Denkanstöße gaben, die in umsetzbare Konzepte mündeten und noch heute Bestand haben. Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zählt genauso dazu wie die Renaturierung versiegelter Flächen, das Niedrigenergiehaus oder verkehrsberuhigte Zonen. Über dreißig Jahre ist das her. Doch gegen Ende der 1990er Jahre und erstmaliger Regierungsbeteiligung auf Bundesebene begann man sich im Dickicht unausgegorener Ideen zu verzetteln. Es mangelt seitdem nicht an Stadtplanern und -entwicklern mit grünem Partei- oder Baugesetzbuch, auch nicht an der Vernetzung mit und dem Input von außerparlamentarischen Akteuren wie zum Beispiel der Agora oder der Deutschen Umwelthilfe, dem Wuppertal Institut oder dem Ökoinstitut Freiburg. Es mangelt an der Erkenntnis, dass ideologische Präferenzen selten ein guter Ratgeber sind. Sichere und lebenswerte Städte wollen sie nun erreichen, nachdem ihnen in der bisherigen Debatte um das „Stadtbild“ nichts eingefallen war, und benennen laut dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel nun fünf Punkte, die es richten sollen, ohne auch nur annähernd zu präzisieren, wie dies gehen soll.

Punkt 1: Finanznot der Kommunen beenden

Diese Forderung ist vollkommen berechtigt, doch Antworten auf die Frage, weshalb die Kommunen überhaupt derart in der Klemme sind, lassen die Verfasser des Papiers vermissen. Da waren die 13 Oberbürgermeister der Landeshauptstädte der Flächenländer etwas genauer, die einen Brandbrief an Bundeskanzler Merz geschickt hatten. Der will nun die Schatulle öffnen und Mittel bereitstellen, die in vom Bund veranlasste kommunale Aufgaben fließen sollen. Doch in Landesparlamenten, Stadtstaatsenaten und in den meisten Stadträten bestimmen Grüne mit, in nicht wenigen stellen sie die stärkste Fraktion. Deshalb wissen sie auch, dass der exorbitante Anstieg an Ausgaben für Sozialhilfe, Bürgergeld, Unterkunft, Asylleistungen und was das Sozialgesetzbuch (SGB) sonst noch gewährt, maßgeblichen Anteil an der Finanznot hat. Sie wissen auch, das gesunkene Gewerbesteuereinnahmen durch abgewanderte oder pleitegegangene Betriebe den Kämmerern zu schaffen machen, glauben aber wie so viele, dass Marktwirtschaft und Wettbewerb sich mit hohen Energiepreisen und Schulden verwirklichen lassen. 

696 Magdeburg
Versiegelter Domplatz, Magdeburg, 2024 | Xiang Chen / GEOWIS

Punkt 2: Soziale Infrastruktur sichern 

Auch hier vermeidet es die grüne Führungsriege, konkret zu werden und zu benennen, wie die soziale Infrastruktur zu sichern wäre. Die Sanierung von Schulen, der Bau von Kitas und Sportanlagen, die Einrichtung von Jugendtreffs, Ausstattung von Bibliotheken und, beispielsweise, Spielplätzen sind seit mindestens einer Generation überfällig. Stattdessen finanzieren Kommunen allerlei integrationsbegleitende Maßnahmen, deren Nutzen den Aufwand kaum rechtfertigt. So leistet sich nahezu jede Kommune über 50000, aber auch viele mit weniger Einwohnern einen Integrationsrat. Zwar sind deren Mitglieder ehrenamtlich tätig, doch erhalten sie Aufwandsentschädigungen für Sitzungen und Tagungen. Auch der Aufwand für die Integrationsratswahl wird von den Kommunen beglichen. Für all dies benötigt eine Kommune Mittel, die ihr nicht mehr oder in nicht mehr ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.

Punkt 3: Polizei und Justiz besser ausstatten

Mit der Bahn scheint die Fraktionsspitze länger nicht mehr gefahren zu sein oder einen Großstadtbahnhof besucht zu haben. Dort kann sie eine in den vergangenen Jahren eine erhöhte Polizeipräsenz wahrnehmen und feststellen, dass die Ordnungshüter nicht in lausiger 70er-Jahre-Schupo-Montur, sondern gut ausgerüstet ihren Dienst verrichten. An neuralgischen Punkten in den Fußgängerzonen von Großstädten sind sie im Verbund mit den ungleich dürftiger ausgerüsteten, von den Kommunen bezahlten Ordnungsamtlern ebenso im Einsatz. Die Ausstattung der Justiz wiederum liegt vorwiegend im Verantwortungsbereich der Landesregierungen. Richter und Staatsanwälte wachsen bekanntlich nicht auf Bäumen, weshalb die Landesregierungen beim Bund dafür eintreten könnten, Anerkennungsverfahren gesetzlich zu verkürzen, die Kostenübernahme für den nächsten Rechtszug nach Ablehnung des Aufenthaltsgrundes abzuschaffen, auf eine restriktivere Vergabe von Duldungstiteln und subsidiärem Schutz hinzuwirken und zusätzlich schnell zu errichtende Abschiebeeinrichtungen zu finanzieren.

Punkt 4: Frauen besser schützen

Zu dieser Erkenntnis zu gelangen, erscheint nach fünfzehn Jahren und weiterer Zuwanderung aus patriarchalischen Gesellschaften geradezu als Zynismus. Bislang ist es Grünen und Linken noch stets gelungen, den harten Kern ihrer Anhängerschaft zu mobilisieren, wenn es gegen „rechts“ geht, gegen Abschiebungen oder gegen Zurückweisungen illegaler Einreisen. Die Leidtragenden sind zum einen Enkelinnen der Omas gegen rechts, allgemein der Generation X und Töchter der Generation Y, die nicht nur im öffentlichen Raum erhöhter Unsicherheit ausgesetzt sind, sondern sich bereits im Klassenzimmer in Toleranz gegenüber Zudringlichkeiten üben müssen. 

696 Koblenz leer
Koblenz, Sommer 2024 | Xiang Chen / GEOWIS

Punkt 5: Wohnungsnot bekämpfen

Sie zu lindern geht zum Beispiel, indem mehr Geld in den öffentlichen Wohnungbau fließt und Anreize für marktwirtschaftlich agierende Investoren geschaffen werden, anstatt ihnen Steine, die sie besser verbauen könnten, in den Weg zu legen. Wohlwissend, dass während ihrer Mitregentschaft in der Ampelkoalition weniger öffentlich geförderte und teilgeförderte Wohnungen, Eigenheime und Eigentumswohnungen gebaut worden sind als in den Jahren zuvor, hingegen etliche Vogel-, Frosch- und sonstige Arten gerettet wurden, soll jetzt also bekämpft werden, was zuvor Teil grüner Politik war.

Es ist kein Plan, nicht einmal ein Plänchen, Positions- oder Thesenpapier, was die Grünen hier vorlegen, sondern eine kleine Ansammlung unsubstantiierter Forderungen, die der eigenen Anhängerschaft vermitteln soll, dass man nicht untätig ist in der Debatte um das von Kanzler Merz in den Ring geworfene „Stadtbild“. Ganz groß ausgeklammert wird dabei eine der wesentlichen Ursachen der von ihnen aufgeworfenen Punkte: Zuwanderung aus orientalischen und islamisch geprägten Kulturregionen und Kriegsflüchtlinge aus ukrainischen Gebieten, in denen kein Krieg herrscht.

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