Skip to content
Cover-Ausschnitt
TAME IMPALA

Sex für die Ohren

Die australische Band Tame Impala, vor acht Jahren gegründet, hat ihr zweites Album auf den Markt gebracht und bleibt ihrem Stil treu
Von LUZILLA BRECHT |
Lesedauer ca. 3 Minuten |
11.02.2013

Sie haben etwas fürs Kiffen übrig und viel fürs Psychedelische: Tame Impala, neben Goyte eine der heißesten Bands Australiens. Gründer Kevin Parker gibt seine Herkunft – Vater aus Zimbabwe, Mutter aus Südafrika – preis, indem er die in Zimbabwe und dem Südosten Afrikas wie der Große Kudu als Steak-Lieferantin höchst geschätzte Impala, beides Antilopenarten, als Teil des Band-Namens wählte. Tame Impala bedeutet so viel wie eine Impala zähmen. Ein schwieriges Unterfangen.

Ihren Durchbruch hatte die Band bereits mit der 2009 erschienenen EP Tame Impala. Es hagelte Auszeichnungen (Best Rock Act Award, Favourite Newcomer Award, Most Popular Single/EP Award, Most Popular Live Act Award). Zwar waren sie bereits zuvor in Australien auf Tour, nach der Veröffentlichung ihrer EP und einiger Singles ging es jedoch erstmals für einige Gastspiele nach London, Manchester, Edinburgh und Glasgow. Im Mai 2010 erschien ihr erstes Album, Innerspeaker, das rechtzeitig zur ersten US-Tour herauskam, für die 20 Konzerte auf dem Programm standen. Zum Album, das von Parker unter Mitarbeit von Tim Holmes (Toningenieur), Dave Fridman (Mischung) und Dave Calbi (Mastering) produziert wurde, stellten Tame Impala reichlich Bonusmaterial auf ihre Webseite.

Tame Impala

Ihre Musik ist an wegweisenden psychedelischen Rocksongs der 1960er und frühren 1970er Jahre angelehnt und erinnert zum Beispiel an die Yardbirds, Cream, die Experimentalphase der späten Beatles, Todd Rundgren, Spooky Tooth und – beim Stück Runaway, Houses, City, Clouds – Moody Blues. Die Single-Auskopplungen Lucidity und Solitude Is A Bliss, aber auch die Stücke Desire Be, Desire Go, Expectation und The Bold Arrow Of Time sind geeignet, vor allem Musikliebhaber, die sich noch an die 1960er Blues-, Rock- und Psychedelic-Rock-Zeit erinnern, dahinschmelzen zu lassen. Klar, dass sie auf den Gigs von Tame Impala zum Publikum gehören, das in der Mehrzahl allerdings aus jungen Leuten besteht. That rocks!

Mit Ihrem zweiten Album, Lonerism, in Australien im Oktober 2012 erschienen, stellen Tame Impala unter Beweis, dass sie ihrem Stil bislang treu zu bleiben gedenken. Die daraus ausgekoppelten Singles, darunter Elephant, erscheinen geradezu als Huldigung an die frühen Rhythmen von The Sweet und an Sequenzen von Argent. Wer mag, kann auch Einflüsse von 10cc oder sogar Traffic hineininterpretieren, und weitere aus dem breiten Angebot damaliger sophisticated bands. Über alles legt man dann noch eine Prise Moog oder frühe Roland-Keyboards.

Als wollten sie es den Alten zeigen – oder sie höchstmöglich ehren -, erscheint Lonerism wie ein Album, auf dem auch draufstehen könnte: „Come with us into the past to show you the future of rock“. Dafür stehen Songs wie Apocalypse Dreams, Endors Toi, Music To Walk Home By, Why Won’t They Talk To Me?, Feels Like We Only Go Backwards oder Keep On Lying. Letzteres eines der besten von vielen herausragenden Stücken dieser Band. Jener Zeit erweisen Tame Impala ihre Hochachtung auch durch die Artwork von Leif Podhajsky, der die meisten Cover ihrer durchgehend auch als Vinyl erhältlichen Scheiben gestaltet hat, und durch die oft mit Animationen im Stile der 1960er Jahre angereicherten Videos. Ganz bestimmt nicht frei von Erotik, wie beispielsweise ihr offizielles Video zu Mind Mischief zeigt.

Parker, Kopf der Band, aber nicht Herrscher, spielt seit nunmehr zehn Jahren mit seinen Kumpeln Dominic Simper (Bass) und Jay Watson (Drums) zusammen. Zu Live-Acts kommen meist Nick Allbrook (Guitar, Keyboards) und Julien Barbagallo (Drums) hinzu. Ihre Musik ist Sex für die Ohren. Das wissen sie, doch daraus Allüren abzuleiten, liegt der Band bisher fern. Sie verkörpert die guten Jungs von nebenan, deren Eltern offenbar wenig falsch gemacht haben, Boys Next Door sozusagen, junge Leute um Mitte zwanzig, Anfang dreißig, die der Musikwelt zeigen, dass sie der heutige Mainstream einen Dreck interessiert und es sich lohnt, zurückzudenken an eine Zeit, in der der Mainstream sich noch von Sounds hat verführen lassen, die Tame Impala heute als Vorbilder gelten.

Am 3. Juli kommt die Truppe nach gegenwärtigem Tourplan nach Berlin. Es ist das bislang einzige bestätigte Konzert für Deutschland.

Geowis Logo Klein

GEOWIS