Bis zu diesem Album blickte Frank Zappa bereits auf eine mehr als drei Jahrzehnte währende Musiker- und Komponistenkarriere zurück und hatte je nach Geschmack und Standpunkt groβe Alben – viele gemeinsam mit den Mothers of Invention – veröffentlicht, etwa Freak Out, 200 Motels, We’re Only In It For The Money, Absolutely Free, Burnt Weeny Sandwich, Hot Rats, Over-Nite Sensation, One Size Fits All, Zoot Allures oder Apostrophe‘. Mit den Alben Sheik Yerbouti und Joe’s Garage (Act I + Act II-III) unternahm er Ausflüge in etwas populärere Sphären und hatte mit Bobby Brown (auf Sheik Yerbouti, 1979) einen Megahit.
Auch vorher hatte er schon Hits, allerdings hatten diese es nicht oder nicht ganz nach vorn in die Popcharts geschafft (etwa Camarillo Brillo auf Over-Nite Sensation, 1973; Lucille Has Messed My Mind Up und Joe’s Garage auf Joe’s Garage, 1979, oder das Instrumentalstück Watermelon in Easter Hay, das bei Hörern durchaus das Verlangen nach einem zehnminütigen Dauerkuss wecken kann). Auch danach schaffte er noch einen veritablen Hit mit The Closer You Are (auf Them or Us, 1984). Doch dann wandte Zappa sich wieder anderem zu und brachte mit Jazz From Hell ein Album auf den Markt, womit er nicht mehr in Stadien oder groβen Hallen auftrat, sondern es in Jazz- und Klassiktempeln vortrug.
Fortan konzentrierte er sich wieder aufs komplizierte Komponieren und fand im Frankfurter Ensemble Modern Musiker, die seinen Klangwelten von Civilization Phaze III nicht nur folgen, sondern sie auch darbieten konnten. Mehr als auf vorherigen Alben, auf denen er sich stets musikalisch, kompositorisch, dirigistisch und nie dem Mainstream folgend austobte, spürt man auf diesem Album seinen Hang zum Kompositorischen, und seinen Drang, in der modernen Klassik und im Jazz seine Fuβspuren zu hinterlassen. Anders als es das eher martialisch wirkende Album-Cover suggeriert, klingt Civilization vorwiegend friedlich, beinahe harmonisierend. Die komplizierten Klangmuster scheinen zwar zu mäandern, doch sie münden in ein breites, ruhiges Delta.
Mit dem bereits 1991 eingespielten, posthum 1994 veröffentlichten und nur über Mail Order zu beziehenden Album, seinem 63., schließt der außergewöhnlich gebildete Künstler eine Trilogie, die ursprünglich 1966 mit den Vorbereitungen zu seinem ersten Soloalbum Lumpy Gravy begonnen hatte, in dem er die Geschichte von Leuten erzählt, die in einem Piano leben. Weil er mit Capitol Records und MGM/Verve Verträge hatte, spielte er nicht selbst, sondern zog das Abnuceals Emuukha Electric Symphony Orchestra hinzu, einen aus 60 Musikern bestehenden Klangkörper, der aus einer Reihe hervorragender Sessionmusiker unterschiedlicher Genres bestand. Zappa trat als Arangeur und Dirigent auf. So etwas hatte es bis dahin von einem als Rockmusiker verstandenen, oft als Bürgerschreck bezeichneten Künstler nicht gegeben. Entsprechend irritiert reagierte die amerikanische Rockmusikpresse, während die musikalische Avantgarde entzückt war, zumal es sich stilistisch völlig von den beiden mit den Mothers eingespielten unterschied. Nachdem es 1967 von Capitol Records auf den Markt gebracht worden war, entwickelte sich ein Streit mit MGM/Verve Records. Das Album wurde nach kurzer Zeit zurückgezogen. Zur gleichen Zeit hatte er We’re Only In It For The Money eingespielt, das als Teil I der Trilogie verstanden wird und im März 1968 auf den Markt kam. Lumpy Gravy, nun überarbeitet, wurde zwei Monate später veröffentlicht.

Civilization ist voller Analogien und Anspielungen zu politischen und kulturellen Vorkommnissen in der US-amerikanischen Gesellschaft und sicherlich nicht das Album für Zappa-Einsteiger. Dafür eignen sich seine in den 1970er und frühen 1980er Jahren entstandenen besser. Indes, wer hiermit dennoch bei Zappa einsteigt, der wird dieses Werk mögen können. Auf den knapp zwei Stunden Spieldauer dieses mitunter teuer gehandelten Doppelalbums kommen Stimmen und Partituren ab 1967 vor. Dazu manch Prominenter, so der Schauspieler Michael Rapaport, der bereits bei Yellow Shark mitwirkte; der deutsche Schwimmer Michael Gross sowie Kommentatoren aus Belgien, Deutschland, Frankreich. Auch seine Kinder Moon Unit und Dweezel sind darauf verewigt. Die Geschichte der Piano People, die analog zu ihm und seinem Synclavier steht, kommt zu ihrem Ende. Sein Werk ebenso. Laut des Meisters Witwe Gail Zappa habe er nach der Vollendung gesagt: „I’ve done everything that I can.“

So üppig wie Produktion ist auch die Verpackung. Zwei mattschwarze CDs und ein opulentes, verankertes 22seitiges Booklet, in das fünf vierfarbig bedruckte Acetatfolien mit vergrößerten Motiven der auf dem veredeltem Papp-Cover abgebildeten Sequenzen integriert sind, sorgen für ein kleines haptisches Erlebnis. 1995 erhielt es dafür einen Grammy. Es hätte ihn wohl gefreut. Er verstarb am 4. Dezember 1993 im Alter von nur 53 Jahren in seinem Haus in Laurel Canyon, Kalifornien, an Prostatakrebs, an dem er drei Jahre lang gelitten hatte, und wurde auf dem Westwood Village Memorial Park-Friedhof in Los Angeles beigesetzt. Seine Erben, zusammengefasst im The Zappa Family Trust, haben seinen Œuvre-Katalog inzwischen verkauft. Die Neuauflage an Alben übersteigt die zu seinen Lebzeiten entstandenen.
Dieser Beitrag erschien in einer kürzeren Fassung am 19. Juli 2008 auf GEOWIS und wurde nun ergänzt.

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