Michael C. Ruppert hält einen Bachelor in Politikwissenschaft und ist gelernter Polizist. Er war Jahrgangsbester auf der Polizeiakademie von Los Angeles und jahrzehntelang im Dienst der US-amerikanischen Drogenfahndungsbehörde DEA (Drug Enforcement Agency). Erstmals fiel er in der Öffentlichkeit auf, als er die CIA des Drogenschmuggels in die USA bezichtigte und dies vor ein Senatskomitee brachte. Für die CIA blieben die Anschuldigungen nahezu folgenlos, für Unterstützer von Ruppert nicht. Manche seien unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen, sagt er in diesem Film, der maßgeblich aus einem Interview mit dem ehemaligen DEA-Fahnder besteht und mit Einspielfilmchen angereichert ist. Doch längst sind es nicht mehr die Drogen und deren Schmuggel, denen Ruppert feindlich gesinnt ist. Sein Feind ist das Öl.
Von diesem hänge alles ab – unsere Volkswirtschaften, unser mobiler Lebensstil, unser Alltag. Das ist keine allzu neue Erkenntnis und man könnte sich den Film vielleicht sparen, wäre da nicht Rupperts Fähigkeit der messerscharfen Analyse der Zusammenhänge, diese konsequent zu Ende zu denken und sie auf eine letztlich einfache Formel zu bringen: Öl bedeutet Untergang. Seinen persönlichen Rubikon, den Point of no Return für sein Handeln und seinen Kampf gegen das geballte Unrecht des wirtschaftlich-militärisch-politischen Komplexes, habe er 1993 überschritten, sagt Ruppert. Ausgangspunkt sei der Mord an dem US-Soldaten William Sable gewesen, der die CIA auf einer US Air Base beim Schmuggel mit 2.-3000 Tonnen Kokain erwischt habe und plötzlich ermordet aufgefunden worden war.
Die Dokumentation beruht auf Rupperts im Dezember 2009 erschienenem Buch Confronting Collapse: The Crisis of Energy and Money in a Post Peak Oil World. A 25-Point Program for Action, das an sein acht Monate zuvor herausgebrachtes Werk A Presidential Energy Policy anschließt. Beide Bücher und die Doku gehen auf sein weitsichtiges, von Gegnern als fatalistisch bezeichnetes Werk Crossing the Rubicon: The Decline of the American Empire and the End of the Age of Oil (2004) zurück. Ruppert, der 2006 die eineinhalb Jahre später eingetretene Weltwirtschafts- und Finanzkrise vorausgesagt hatte, nimmt im Interview kein Blatt vor den Mund und bezichtigt den ehemaligen US-Vize-Präsidenten und Ex-Chef von Halliburton, Richard Cheney, sowie den ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nicht nur der Lüge und Verbrechen, sondern auch der Zurückhaltung von Dokumenten, aus denen hervorgehe, wie dringend die USA aufs Öl angewiesen seien und was sie bereit sind zu tun: Krieg führen.

2001 sei Peak Oil erreicht worden, das Limit der Versorgungssicherheit mit Öl. Wie bei einer Gaußschen Glockenkurve sinke diese Versorgungssicherheit, weil die Ölreserven rückläufig seien. „Es gibt kein Zurück“, sagt er. Das Öl gehe unaufhaltsam zur Neige. Diese Einschätzung teilen inzwischen viele Experten, obwohl sie spätestens seit Meadows/Meadows/Randers 1972 erschienenem Buch Die Grenzen des Wachstums bekannt sein dürfte. In der Interview-Doku, in der Ruppert teils höchst bewegt ist, wirft er der mörderischen Allianz aus Hochfinanz, Wirtschaft und Politik vor, nicht rechtzeitig auf die Erkenntnisse zur Endlichkeit des Öls reagiert und die Bevölkerung in der Illusion eines Es-geht-immer-so-weiter belassen zu haben. Er prangert die verbrecherischen Finanzakteure und -märkte an, deren Derivate bis zum Crash 2008 weltweit 700 Billionen betrugen – mehr als das Zehnfache des globalen Bruttosozialproduktes – und sich auf nichts anderes als Papier und Versprechen gründeten.
Ebenso prangert er die vom US-Steuerzahler ausgebreiteten und finanzierten Rettungsaktionen für Finanzinstitute und Unternehmen an, die sich subsumiert auf elf Billionen Dollar beliefen und lenkt den Blick dabei auf die sich dramatisch ausbreitende Armut in den USA, die sich allein schon am landesweiten Entstehen und Wachstum der Zeltstädte ablesen lasse. „Die Fed, die US-Notenbank, wird pleite gehen“, prognostiziert Ruppert, der von Mainstream-Medien gerne als Verschwörungstheoretiker stigmatisiert wird. Er hält Fiatgeld¹, wie übrigens auch der Kanadier Paul Grignon, neben dem Versiegen der Ölquellen für eine der Wurzeln des kommenden Untergangs unseres gewohnten Lebensstils. Dass sie schon bald versiegen, sogar schneller als mancher Politstratege wahrhaben möchte, ist evident. 2011 sei laut deutschen Experten und der Internationalen Energieagentur in Paris ein Schicksalsjahr für die weltweite Ölversorgung, wie heute verkündet wurde.
Als Verschwörer dürfte Ruppert spätestens jetzt nicht mehr tituliert werden, und auch nicht als Seher oder neuzeitlicher Nostradamus. Er hat eins und eins zusammengezählt und dann die entsprechende Substrahierung vorgenommen. Im Ergebnis steht ein großes, begründetes Nichts. „Wir essen Frankenstein-Lebensmittel“, sagt er, „vergiften unsere Böden mit Pestiziden, die aus Öl gewonnen werden, beackern unsere Böden mit Maschinen, die mit Öl angetrieben werden (…) und transportieren die Lebensmittel mit von Benzin und Diesel angetriebenen Fahrzeugen in die Supermärkte (…).“ Er plädiert dafür, alles wegzuwerfen, einzureißen und mit einem weißen Blatt Papier neu anzufangen. Für traditionelle Dogmen hat er nichts übrig. Religionen seien „unter die Lupe“ zu nehmen, „Ideologien in die Tonne“ zu kloppen. Elektrofahrzeuge hält er genauso für einen Irrweg wie Biosprit aus Ethanol. „Jedes Auto, egal womit angetrieben“, benötige Reifen. Um einen PKW-Reifen herzustellen, brauche man 7 Gallonen Öl (ca. 26,5 Liter). Zu Ende gedacht, bedeutet dies, dass ein PKW nicht nur vom Öl angetrieben wird, sondern wesentlich aus Öl, Stahl und Aluminium besteht.
Wir seien faul geworden, konstatiert er zu Recht und meint vor allem die Städter, die sich im Zweifel nicht zu helfen wüssten, wenn sie auf sich gestellt wären. Er rät, sich auf Ursprüngliches zu besinnen, und das sei der Boden. Man solle Samen kaufen, „nicht die von Monsanto“ oder anderen Chemiemultis, sondern natürliche. Man solle sie einlagern und sich damit auseinandersetzen, wie man den Boden bestellen oder auf dem Balkon oder der Terrasse pflanzen könne. „In jeder Generation sei eine Revolution nötig“, zitiert er Thomas Jefferson (1743-1826), den 3. Präsidenten der USA, und meint damit nichts weniger als den Abschied von der Gemütlichkeit und die Abkehr vom Gewohnten. Diedrich Schroeders Bodenkunde in Stichworten² und Ulrich Gisis Bodenökologie³ könnten in Vorbereitung aufs Unvermeidliche hilfreiche Lektüre sein.
In Smiths Doku wird Ruppert gefragt, ob er glaube, dass die Menschen soviel Lernfähigkeit besäßen, um noch mal neu anzufangen. Der Mann aus Culver City antwortet mit einer Parabel, die auf militärisch-wissenschaftlicher Erkenntnis fußt. Nach Atombombentests im Pazifik Ende der 1940er, Anfang der 1950er Jahre hätten Wissenschaftler festgestellt, dass die Schale von Kokosnüssen auf den Eilanden leicht radioaktiv verseucht gewesen seien und daher zehn Affen aus einer Population von zirka 10000 beigebracht haben, wie diese die Nüsse vor dem Aufbrechen und Verzehr in frischem Flusswasser reinigen und die Artgenossen der Versuchsgruppe davon lernen sollten. Nach einer Weile seien zwölf, dann 20, dann 47 Affen in der Lage gewesen, Kokosnüsse vor dem Verzehr zu waschen. „Als der hundertste Affe seine Kokusnuss wusch, taten es ihm die 10000 gleich.“
Nachtrag: Michael C. Ruppert wurde am 13. April 2014 von seinem Vermieter tot aufgefunden. Offiziellen Angaben zufolge erschoss er sich. Er hinterließ einen Abschiedsbrief
¹ Fiatgeld (lat.: es werde …) ist in der Regel Papiergeld, das aufgrund staatlicher Gesetzgebung besteht und als Währung zu akzeptieren ist (US-Dollar, Euro, Yen, etc.). Eine Einlösungsverpflichtung besteht seitens des Herausgebers (Zentralbanken) nicht. In einigen Staaten besteht zu Spar- und Girokonten eine begrenzte Einlagesicherung, die jedoch nicht in Gold hinterlegt sein muss
² Diedrich Schroeder: Bodenkunde in Stichworten. Ferdinand Hirt Verlag, Unterägern, Schweiz, 1984
³ Ulrich Gisi, Rudolf Schenker, Rainer Schullen, Franz X. Stadelmann, Hans Sticher: Bodenökologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1990

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