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Titelausschnitt
REZENSION | Partitura di Praga

Partitura di Praga – Commissario Trattonis Sünden-Fall

Franca Permezzas zweiter Roman dürfte Freunde des gepflegten Krimis mit italienischen Ermittlern Lesevergnügen bereiten
Von LISA MARIA KORRITKE |
Lesedauer ca. 3 Minuten |
04.09.2006

Man möchte dem nimmersatten Dickwanst Trattoni gerne persönlich durch das spätestens seit Nicolas Roegs Film Wenn die Gondeln Trauer tragen (Don’t Look Now!) gruselig erscheinende Venedig auf Schritt und Tritt folgen, liest man der Autorin zweiten Kriminalroman. Ein toter Pianist, Fotokopien einer recht unbekannten Partitur, die von Mozart stammen soll, eine Reihe verschrobener Verdächtiger und manche zuweilen als tumb daherkommende Kommissariatsangestellte sind neben des Ermittlers Vorliebe für alles den Blutdruck Steigernde die Essenzen dieses amüsanten, durchaus verzwickten und lesenswerten Romans.

Die Autorin leistet sich auch diesmal süffisante Anspielungen auf mehr oder weniger bekannte Berühmtheiten des Genres und bleibt damit ihrer mit ihrem Erstling – Prosciutto di Parma – eingeschlagenen Linie treu. Anders als die Granden dieses Genres stetzt die Autorin weiterhin aufs Literarische, Erzählerische, hastet nicht von Effekt zu Effekt, sondern lässt sich – und damit den Lesern – Zeit. Commissario Trattoni kann so regelrecht bei seiner Arbeit beobachtet werden. Er ist eine anachronistische Figur, die sich geradezu in Slow-Motion-hafter Anarchie dem modernen, auf Effizienz beruhenden Kriminologiefunktionalisten entzieht.

Der Kommissar lässt sich nicht in seine Vorgehensweise hineinreden, hat immer Zeit für einen Kaffee und erinnert in seiner Gleichmut ein wenig an den uns vor Jahren in Schwarzweiβ transportierten, längst verstorbenen ‚Kommissar‘ Erik Ode und an den stets die Ruhe bewahrenden, inzwischen ebenfalls abgetretenen ‚Derrick‘ Horst Tappert. Wie es sich für einen Krimi gehört, wird das Rätsel um den Toten und die Partitur gelöst. Weniger spannend erscheint das ’schwache‘ Lektorat und Korrektorat, denn die Menge an orthographischen Hindernissen fällt auf. Dies gab es aber auch schon bei Michael Crichtons Welt in Angst oder Henning Mankells Kennedys Hirn. Es wirft ein Schlaglicht auf die Branche – und damit auch auf diesen Verlag -, die sich entweder keine grammatik- und orthographiefesten Mitarbeiter mehr leisten kann oder sie sich nicht leisten will. Partitura di Praga ist, unabhängig dieser Feinheiten, Lesefreude, auch für Nicht-Krimi-Fans.

Franca Permezza: Partitura di Praga – Commissario Trattonis Sündenfall. ISBN-10: 3-434-53152-1, ISBN-13: 978-3-434-53152-4, 292 S., Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch, Hamburg, August 2006

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