Wollen Sie wissen, was ein Mental Ground Zero ist? Bestimmt. Wie wär’s mit einem Platonic Shadow? Hört sich gut an? Was fällt Ihnen zu Lessness, Bambification, Anti-Sabbatical, Safety Net-ism, Ethnomagnetism ein? Nicht viel? 101-ism, Armanism und Poor Buoyancy könnten nach neuen Heilslehren klingen? Derartiges und noch mehr davon hat Coupland seinem Kultbuch als Randnotizen beigegeben, und wenn einem nicht ohnehin beim Lesen dieses Romans zum Schmunzeln zumute ist – Heulen geht auch -, beginnt es spätestens mit diesen Schlagwörtern und der deutschen Erläuterung (dann nur noch Schmunzeln und das Zwerchfell im Zaum halten!).
Mit 31 Überschriften versehen, die mal Kapitel einleiten, mal den kohärenten Text unterbrechen, trifft Coupland den Nerv jenes Teils der Generation der 1980er Jahre, die es irgendwie nicht geschafft hat. Wir erinnern uns: Wallstreet war in. Yuppies, die Young Urban Professionals, meist Paradebroker, Paradeanwältinnen, Paradearchitekten, Parademodemacher, Paradeundsoweiters, und Dinkies (Double Income, No Kids) prägten diese Zeit – tun sie das heute etwa nicht mehr!? – und idealisierten alles, was gut und teuer war.
Ein Schinkel auf dem Tümpel des New Yorker Central Parks war nicht mehr ausreichend, um romantische Minuten mit dem Partner oder der Partnerin zu verbringen. Die 19-Meter-Yacht – das Minimum! – an der Côte d’Azur, in der Karibik oder im Golf von Kalifornien waren ein wenig romantischer. Speedboote waren noch ein anderes Thema. Abgesehen von denen, die noch nie etwas besaβen oder von der Wohlfahrt lebten, gab es in den 1980ern auch noch jene seltsame Spezies, die zwischen Ruderboot und Yacht hockte. Gebildete junge Leute, Idealisten, und Idioten, die sich partout nicht dazu hinreiβen lassen konnten – oder wollten? -, auch mal ein paar richtige Dollar zu scheffeln. So stiegen sie ab und aus und wieder ein und kamen nicht mehr richtig in Tritt. Naja, einige schafften es natürlich doch.
Coupland präsentiert uns Andy, Dag und Claire, die ihre Illusion, Millionäre werden zu können, abschütteln. Sie sind nicht mehr bereit dazu, sich wie Hamster im Rad zu drehen, gehen stattdessen McJobs nach und schlagen die Zeit dazwischen mit gegenseitigem Geschichtenerzählen und Merkwürdigkeiten tot – und tun auf diese Weise etwas für das soziale und intellektuelle Miteinander. Coupland bietet in rasantem Schreibstil eine vergnügliche Bestandsaufnahme einer Generation und einer Zeit, die noch anzudauern scheint. Irgendwie.
Douglas Coupland: Generation X. Geschichten für eine immer schneller werdende Kultur, Tradecover, broschiert, 226 S., ISBN 3-351-02277-8, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1994

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